Spanien als Holdingstandort
- Zuletzt aktualisiert am Dienstag, 14. Oktober 2025 12:29
- Geschrieben von Anna-Maria Schmider
In der internationalen Steuerplanung spielen Holdingstrukturen eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen es Unternehmensgruppen, Beteiligungen effizient zu verwalten, Gewinne steueroptimiert weiterzuleiten und steuerliche Doppelbelastungen zu vermeiden.
Spanien ist seit Jahren, dank der europäischen Mutter-Tochter-Richtlinie und dem nationalen ETVE-Regime (Entidad de Tenencia de Valores Extranjeros), ein attraktiver Standort für internationale Holdings.
Doch: Diese beiden Systeme sind nicht identisch - und eine ETVE ist keineswegs zwingend, um von der EU-Steuerfreiheit zu profitieren.
Dieser Beitrag klärt auf, wann die EU-Richtlinie ausreicht, wann das ETVE-Regime sinnvoll ist, und welche steuerlichen Vorteile Spanien im internationalen Kontext bietet.
1. Die EU-Mutter-Tochter-Richtlinie: Steuerfreiheit innerhalb der Union
Die Richtlinie 2011/96/EU soll verhindern, dass Gewinne innerhalb eines Konzerns mehrfach besteuert werden - einmal bei der Tochtergesellschaft und nochmals bei der Muttergesellschaft.
Daher gilt unionsweit, Dividenden zwischen EU-Gesellschaften werden nicht doppelt besteuert und der Quellenstaat darf keine Quellensteuer auf solche Ausschüttungen erheben.
Voraussetzungen für die Befreiung:
- Die Muttergesellschaft hält mindestens 10 % des Kapitals der Tochter.
- Die Beteiligung besteht mindestens ein Jahr.
- Beide Gesellschaften sind in EU-Mitgliedstaaten steuerlich ansässig und körperschaftsteuerpflichtig.
- Es handelt sich nicht um eine reine Briefkastenstruktur (Substanznachweis).
Rechtswirkung:
- In Spanien: Keine Quellensteuer (Art. 14.1 h) IRNR i. V. m. Art 21 LIS).
- In Deutschland: 95 % Steuerbefreiung (§ 8b KStG).
Damit sind Gewinnausschüttungen zwischen Spanien und Deutschland vollständig steuerneutral, auch ohne ETVE-Struktur.
Art 21 LIS setzt die Ziele der Mutter-Tochter-Richtlinie für EU-Dividenden um. Weitere Informationen finden Sie hier.
2. Die ETVE-Regelung: Spaniens Sonderregime für internationale Holdings
Die ETVE (Entidad de Tenencia de Valores Extranjeros) ist kein EU-Konzept,
sondern eine nationale Sonderregelung Spaniens, geregelt in den Artikeln 107-110 LIS.
Sie wurde geschaffen, um Spanien als Holdingstandort für globale Konzernstrukturen zu etablieren also auch für Gewinne aus Drittstaaten außerhalb der EU (z. B. Lateinamerika, USA, Schweiz).
Voraussetzungen für eine ETVE:
- Gesellschaftszweck: Verwaltung von Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften.
- Substanz: Eigene personelle und materielle Mittel (keine Briefkastenfirmen).
- Mitteilungspflicht: Erklärung des ETVE-Status gegenüber der spanischen Finanzverwaltung (AEAT).
- Mindestbeteiligung: 5 % und 1 Jahr Haltedauer.
Steuerliche Vorteile:
- Dividenden und Gewinne aus ausländischen Beteiligungen sind in Spanien steuerfrei (Art. 21 LIS).
- Ausschüttungen der ETVE an Nichtresidenten (auch außerhalb der EU!) sind ebenfalls steuerfrei (Art. 108 LIS).
- Es fällt keine spanische Quellensteuer auf diese Ausschüttungen an,
selbst wenn der Empfänger in einem Drittstaat ansässig ist.
Damit eignet sich die ETVE besonders für internationale Unternehmensgruppen, die Gewinne aus Lateinamerika, Asien oder den USA steuerneutral über Spanien leiten wollen.
3. EU-Richtlinie oder ETVE: wann was gilt
Ob die EU-Mutter-Tochter-Richtlinie oder das spanische ETVE-Regime Anwendung findet, hängt im Wesentlichen davon ab, wo die verbundenen Gesellschaften ansässig sind und wohin die Gewinne fließen.
Grundsätzlich gilt:
-
Innerhalb der Europäischen Union sorgt die Richtlinie 2011/96/EU für Steuerfreiheit.
-
Sobald Drittstaaten (z. B. Schweiz, USA, Lateinamerika) beteiligt sind,
kommt das ETVE-Regime (Art. 107-110 LIS) ins Spiel.
4. Praxisbeispiel
Fall A – EU-intern:
Eine spanische S.L. schüttet Gewinne an ihre deutsche Mutter-GmbH aus.
Keine Quellensteuer in Spanien, 95 % Steuerfreiheit in Deutschland.
Fall B – Global Holding:
Struktur:
Eine spanische ETVE S.L. hält operative Gesellschaften in Mexiko, Chile und Kolumbien.
Gesellschafter der ETVE ist ein Schweizer Investor.
Ausschüttung:
-
Die lateinamerikanischen Tochtergesellschaften schütten Gewinne an die spanische ETVE.
-
Die ETVE bündelt die Gewinne und schüttet sie weiter an den Schweizer Anteilseigner aus.
Steuerwirkung:
-
Lateinamerika → Spanien: Dividenden in Spanien steuerfrei (Art. 21 LIS).
-
Spanien → Schweiz: Keine Quellensteuer (Art. 108 LIS, da ETVE).
-
Schweiz: Besteuerung nur nach nationalem Recht.
Ergebnis:
Komplett steuerfreie Gewinnweiterleitung über Spanien – weder in Spanien noch in Deutschland oder Lateinamerika fällt eine Doppelbesteuerung an.
Fazit
Eine spanische Holdinggesellschaft kann auch ohne ETVE-Status steuerfrei Dividenden an eine deutsche Muttergesellschaft ausschütten.
Das ETVE-Regime ist jedoch ein zusätzliches spanisches Spezialinstrument, das die steuerfreie Gewinnbündelung und Ausschüttung auch für internationale (Nicht-EU-) Beteiligungen ermöglicht.
Spanien verbindet beide Welten - EU-Steuerfreiheit und globale Planungssicherheit und bleibt damit einer der strategisch interessantesten Holdingstandorte Europas.
Autor:
Lisa Wörfel
spanische Steuerberaterin
Diplom-Finanzwirtin
info@sspartners.es
Tel: (+34) 951 12 13 06
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